Lange erste Liga, jetzt Horkheim: „HB-Männchen zu sein, bringt nichts“

Der neue Horkheimer Übungsleiter Michael Schweikardt spricht im Stimme-Interview über seine ruhige Art des Coachings, die Situation beim TSB und die Liga-Favoriten.

Ab Samstag geht es um Punkte. Der TSB Horkheim startet mit der schwierigen Aufgabe beim TuS Dansenberg in die Saison der 3. Liga Süd. Neu dabei ist ein Mann mit viel Bundesliga-Erfahrung: Trainer Michael Schweikardt. Im Interview spricht der bisherige Spielmacher des TVB Stuttgart über seine Art des Coachings, den Hauptjob in Stuttgart und seine Favoriten.
Herr Schweikardt, Ihre Karriere als Trainer ist noch sehr, sehr jung. Was man aber schon erkennen konnte: Sie sind ein ungemein ruhiger Trainer am Spielfeldrand. Ist das Ihr spezielles Talent, so cool bleiben zu können?

Michael Schweikardt: Das ist eben meine Philosophie. Wenn man rumspringt wie ein HB-Männchen, wenn man nur rumschreit und sich aufregt, ich glaube, da verliert man ein bisschen den Blick aufs Wesentliche. Natürlich rege ich mich auch mal auf, über Schiedsrichterpfiffe oder meine Spieler oder auch über mich selbst, aber insgesamt versuche ich schon, das eher sachlich anzugehen und mir gleich Gedanken über Lösungen zu machen, wenn Probleme auftauchen.
Gab es diese Herangehensweise schon während Ihrer Spieler-Karriere?

Schweikardt: Als Spieler geht man das etwas anders an. Viele benötigen Emotionalität und Aggressivität, um ihre Leistung abrufen zu können. Ich war teilweise auch jähzornig, das muss ich zugeben. Aber im Laufe der Karriere war es auch auf dem Spielfeld so, dass ich deutlich ruhiger geworden bin. Jetzt, als Trainer, geht es auch um eine Vorbildrolle. Manche Trainer nehmen das Coaching nur noch, um die Schiedsrichter zu kritisieren. Das sehe ich nicht als meine Aufgabe an. Natürlich weise ich die Schiris mal daraufhin, wenn ich denke, dass sie einen Fehler gemacht haben. Aber meine allererste Aufgabe ist, der Mannschaft einen Weg zum Erfolg aufzuzeigen.
Wie ist die Sache beim TSB Horkheim für Sie angelaufen? Sie haben ja auch einen Job beim TVB Stuttgart. Passt das so, wie es theoretisch angedacht war?

Schweikardt: Ja, das passt gut. Ich bin tagsüber beim TVB Stuttgart und abends in Horkheim. Das lässt sich gut miteinander vereinbaren.
Was genau machen Sie denn beim TVB?

Schweikardt: Ich bin für die Anschluss-Förderung von Talenten und fürs Scouting zuständig. Das bedeutet: Ich bin im Büro, aber auch dort in der Sporthalle als Trainer tätig. Da geht es dann in erster Linie um Individualtraining.
Vollzeit?

Schweikardt: Ja.
Der Horkheimer Drittliga-Start ist nicht einfach. Erst in Dansenberg, dann zu Hause gegen Aufsteiger Plochingen, dann bei der zweiten Mannschaft der Rhein-Neckar Löwen. Gut so aus Ihrer Sicht, weil die Mannschaft gleich voll konzentriert sein muss?

Schweikardt: Das wird ein interessanter Auftakt. Dansenberg zählt sicher zu den Top-Mannschaften der Liga. Da haben wir nichts zu verlieren und wollen den Favoriten so lange wie möglich ärgern und natürlich das Bestmögliche rausholen. Gegen Plochingen wollen wir beide Punkte haben, aber Spiele gegen Aufsteiger sind am Anfang der Saison nie leicht.
Wie sehen Sie die Lage in der Liga allgemein?

Schweikardt: Ich habe mir viel Videomaterial angeschaut. Ich würde sagen, dass es eine ausgeglichene Liga ist. Eine dominierende Mannschaft, so wie es Konstanz in der vergangenen Saison war, sehe ich nicht. Das wird echt spannend – und Woche für Woche ein harter Kampf für uns, dass wir punkten können. Neben Dansenberg habe ich auch noch Pforzheim im Kopf, wenn es um die Teams geht, die ganz oben angreifen können. Aber es wird mit Sicherheit die eine oder andere Überraschung geben. Dass sich die Aufsteiger insgesamt schwer tun, ist fast schon normal.
Der TSB hat zwei Youngster neu dazu bekommen, Felix Zeiler vom Aufsteiger Plochingen und Nick Fröhlich aus der Jugend von Frisch Auf Göppingen. Was ist denen zuzutrauen?

Schweikardt: Sie machen beide einen guten Job bisher. Felix Zeiler hat letztes Jahr in der BW-Oberliga eine gute Saison gespielt und wird mit seiner schnellen Beinarbeit auch die Gegner in der 3. Liga vor Aufgaben stellen. Nick Fröhlich hat für sein junges Alter schon jetzt mit den besten Rückraumwurf bei uns im Team. Er muss noch das Gespür für die richtigen Entscheidungen finden. Das ist ein Prozess, der noch etwas dauern wird, aber dann wird er uns viel Spaß bereiten. Auch unser Eigengewächs Niklas Matusik am Kreis macht das gut, dafür dass er ein halbes Jahr gar nicht im Handball aktiv war.
Wie sieht es eigentlich in der Abwehr-Mitte aus? Nils Boschen war da gesetzt, ist aber zur SG BBM Bietigheim in die 2. Liga gegangen.

Schweikardt: Wir haben vier Mittelblock-Spieler mit Oliver Heß, Pierre Freudl, Janik Zerweck und Niklas Matusik. Mindestens zwei davon sind dann auf dem Feld, wenn wir 6:0 verteidigen. Zudem möchte ich eine zweite Abwehrformation installieren. Man muss einen Plan B haben, wenn etwas nicht funktioniert. Dann muss und möchte ich als Trainer reagieren können.

Gute Laune vor dem Saisonstart (von links): Janik Zerweck, Sven Grathwohl, Daniel Grosser, TSB-Boss Herwig Jarosch und Trainer Michael Schweikardt.
Foto: Andreas Veigel

Quelle: https://www.stimme.de/sport/tsb-horkheim/artikel/Lange-erste-Liga-jetzt-Horkheim-HB-Maennchen-zu-sein-bringt-nichts;art140003,4240489

Autor: Andreas Öhlschläger