Grathwohl ist Horkheims tragische Figur, Ex-TSBler Lenz der Held
Die Horkheimer Achterbahnfahrt beim HC Oppenweiler/Backnang endet für den TSB mit einer 31:32-Niederlage. Keeper Sven Grathwohl entschuldigt sich nach seinem finalen Fauxpas vor versammelter Mannschaft.
Den fatalen Aussetzer kurz vor Schluss schilderte der Hauptdarsteller eine halbe Stunde später im Kabinengang. „Die Idee, den Ball zu nehmen, um noch ein paar Sekunden zu schinden, fand ich in der Sekunde total toll“, sagte Sven Grathwohl. Einen Augenblick später folgte das böse Erwachen: „Das war einfach nur dumm. Damit habe ich Oppenweiler den Sieg geschenkt.“ Doch was war passiert?
Im dramatischen Drittliga-Klassiker zwischen dem HC Oppenweiler/Backnang und dem TSB Horkheim hatte Janik Zerweck 37 Sekunden vor Schluss für die Gäste per Siebenmeter zum 31:31 ausgeglichen. Der letzte Angriff des HCOB war fast schon gestoppt, als sich Grathwohl den Ball schnappte und festhielt, statt ihn sofort dem Gegner zum verhängten Freiwurf zurückzugeben. Das Zeitspiel des erfahrenen Keepers war derart offensichtlich, dass das Schiedsrichterduo keine Wahl hatte: Spielverzögerung in den letzten 30 Sekunden bedeutet Rote Karte und Siebenmeter.
Lenz behält beim letzten Siebenmeter die Nerven
Der ehemalige Horkheimer Marcel Lenz behielt die Nerven und verwandelte sicher zum 31:30 (16:16)-Sieg. „Das Finale war natürlich wie gemalt für mich, aber ich hatte die ganze Saison noch keine so schlechte Wurfquote aus dem Feld“, sagte der HCOB-Held.
Die gesamte Partie war ein stetes Auf und Ab. Der TSB kam mit einem bärenstarken Yannick Hölzl bestens ins Spiel. Erst in der fünften Minute gelang Lenz per Siebenmeter der erste Treffer für die Gastgeber. „Yannick hält am Anfang alles, wir schlagen aber zu wenig Kapital daraus, gehen nur mit 3:1 in Führung. Die Phase hätten wir schon besser nutzen müssen“, haderte Michael Schweikardt hinterher.
Personalsorgen beim TSB
Dabei hatte der Horkheimer Trainer durchaus Personalsorgen. Pierre Freudl und Felix Weißer fielen krankheitsbedingt aus, Hendrik Bohnenstengel verletzte sich gegen Ende der ersten Hälfte. „Er hat sich danach durchgebissen“, lobte Schweikardt.
Ab dem 4:3 durch Ruben Sigle legte das Team von Matthias Heineke stetig vor. „Wir waren 40 Minuten besser, haben aber unsere Chancen nicht gut genutzt und zu wenig aus Überzahlspielen gemacht“, monierte der HCOB-Coach. Praktisch mit der Pausensirene glich Nick Fröhlich für den TSB zum 16:16-Halbzeitstand aus.
Kein gutes TSB-Spiel in der Abwehr
Zum Start in den zweiten Durchgang stotterte der Horkheimer Motor dann aber gewaltig. Jetzt dauerte es fünf Minuten bis zum ersten TSB-Treffer. Die Gastgeber zogen mit drei Toren davon. „Es war insgesamt kein gutes Spiel von uns in der Abwehr. Ich habe immer wieder umgestellt, aber jede Formation hat nur phasenweise gegriffen“, monierte Schweikardt.
Doch ab der 40. Minute kam sein Team in einen Lauf. Hinten hielt Grathwohl drei Mal in Folge stark, Janik Zerweck glich bereits in der 42. Minute wieder zum 21:21 aus. Danach war munteres Scheibenschießen bis zum 24:24 angesagt (45.). Der starke Oliver Heß brachte sein Team erstmals seit der achten Minute wieder in Führung. Daniel Grosser, Zerweck und Gehrke legten bis zum 29:26 nach (49.). Die Zeichen standen plötzlich auf Auswärtssieg.
Showdown mit dem unglücklichen Ende für die Gäste
Doch wie übers gesamte Spiel legte das Team im Hintertreffen wieder eine Schippe drauf. Der TSB schloss ein-, zweimal zu hektisch ab, Zeiler hatte Pech mit einem Lattentreffer, Heß brauchte eine kleine Verschnaufpause und in der 55. Minute stand es schon wieder 29:29-Unentschieden. Der Showdown mit dem unglücklichen Ende für die Gäste nahm seinen Lauf.
„Wir waren am Ende das Quäntchen zu wenig clever“, sagte Schweikardt. Die Aussage bezog sich aber nicht nur auf die unglückliche Aktion seines erfahrenen Keepers. Der entschuldigte sich vor versammelter Mannschaft für seinen Fauxpas. Es wurde ihm verziehen.
Irritation ohne Wirkung
Als sich Marcel Lenz den Ball zum entscheidenden Siebenmeter schnappte, kam sein Horkheimer Kumpel Tobias Gehrke auf ihn zu und sagte ihm ein paar Worte. „Er hat mich auf liebe Weise aus dem Konzept bringen wollen. Davon habe ich mich aber nicht stören lassen“, sagte Lenz. Offenbar wies Gehrke darauf hin, dass so entscheidende Siebenmeter auch mal am Pfosten landen können. TSB-Keeper Yannick Hölzl nahm ebenfalls nochmal innigen Kontakt mit dem Schützen auf.
Doch Lenz blieb cool und traf bombensicher. „Ich kann heute Nacht sehr gut schlafen“, grinste der Linksaußen nachdem ihn seine Mitspieler wieder aus der Jubeltraube entlassen hatten.
TSB Horkheim: Hölzl, Grathwohl (Tor) – Gehrke (1), Reichert (4), Grosser (4), Fröhlich (3), Zeiler (2), Heß (6), Seiz (2/1), Matusik, Zerweck (7/2), Bohnenstengel (2).
Beste Schützen des HCOB: Lenz (9/6), Raff (7).
Siebenmeter: HCOB 6/6; TSB 4/3.
Zeitstrafen: 4/4.
Disqualifikation: Rote Karte für Grathwohl (TSB/60.). Zuschauer: 650.
Im Hinspiel war Sven Grathwohl noch der Held. Im Rückspiel unterlief dem Keeper der spielentscheidende Fauxpas. „In Oppenweiler besonders bitter“, sagte Grathwohl, der selbst beim HCOB gespielt hat.
Foto: Andreas Veigel
Autor: Stephan Sonntag
Quelle: https://www.stimme.de/sport/tsb-horkheim/Grathwohl-ist-Horkheims-tragische-Figur-Ex-TSBler-Lenz-der-Held;art132430,4329508