Schweikardts perfekter Geburtstag: TSB-Coup beim Ersten
Der Trainer des TSB Horkheim wird 37, seine Mannschaft schenkt ihm am Samstag den Überraschungstriumph beim zuvor 14 Mal unbesiegten Drittliga-Spitzenreiter TuS Fürstenfeldbruck. Die TSB-Handballer düpieren die Bayern schon zum zweiten Mal.
Es gibt sie nicht, die Ligadominatorbesiegertabelle. Gäbe es sie aber, stünde der TSB Horkheim ganz oben. Gleich zweimal ist es Michael Schweikardts Mannschaft gelungen, gegen den mit famosen 44:6 Punkten die 3. Liga Süd anführenden TuS Fürstenfeldbruck zu triumphieren.
Erst zu Hause, am 26. Oktober 2019, nun auch auswärts, nachdem der TuS zwischendrin 14 Spiele in Folge gewonnen hatte. Dem Hinrunden-34:28 folgte am Samstagabend ein 32:29 (17:18) in Fürstenfeldbruck. Der TSB ist somit der offiziell ungekrönte Spitzenreiterbesiegerchampion.
Verdienst von Spieler und Trainer
Das ist ein Verdienst der Spieler, gar keine Frage. Ganz wesentlich ist es aber auch das Verdienst des Trainers. Schweikardt hatte sich zweimal den richtigen Matchplan ausgedacht. Und der einstige Bundesligaspieler hatte, als es nun in der ersten Halbzeit zu viele zu leichte Gegentore gab, die richtigen Änderungen vorgenommen. „Clever“ sei der TSB aufgetreten, lobte TuS-Trainer Martin Wild die Horkheimer. Man habe nie so richtig gewusst, „kommt der siebte Mann oder kommt er nicht?“ Mit diesem Kniff, oft den Torwart vom Feld zu nehmen und einen zusätzlichen Spieler für die Offensive zu bringen, wurde der Spitzenreiter überrascht. Man habe bei den Bruckern ein bisschen „Chaos reinbringen“ wollen, sagte Michael Schweikardt.
Chancen verbessert
Am Ende, als der TSB-Coup bei den zuvor zehn Mal hintereinander zu Hause jubelnden Bayern perfekt war, konstatierte der enttäuschte TuS-Coach Wild einen „verdienten Sieg“ der Gäste. Die vorzeitige Meisterparty des TuS war geplatzt. Der VfL Pfullingen ist zwar weiterhin ein sehr deutlich distanzierter Verfolger, aber bei acht Punkten Rückstand und fünf noch ausstehenden Spielen ist ein Wunder rechnerisch möglich. Die Horkheimer stehen weiter auf Platz fünf der Tabelle, haben durch den Überraschungstriumph aber ihre Chancen verbessert, noch auf Rang drei vorzurücken und damit die Qualifikation für den DHB-Pokal zu schaffen. Diese Kalkulation spielte aber erstmal keine Rolle, als die TSB-Spieler feiernd durch die Halle hüpften. Schweikardt sprach ihnen wenig später „ein Riesenkompliment“ aus. Sie hätten auf einem „Topniveau“ gespielt, „auch wenn natürlich nicht alles funktioniert hat“.
Eine starke Defensive
Vor allem in der Anfangsphase war das der Fall. Als Korbinian Lex den TuS Fürstenfeldbruck mit 7:4 in Führung brachte, waren erst acht Minuten Spielzeit vorbei. Ruckzuck ging es in den Angriffen des Tabellenführers. Der TSB Horkheim bekam keinen Zugriff. Doch das änderte sich. Nach dem 17:18-Pausenrückstand ließ das Team nur noch elf Brucker Tore zu. Schon im Hinspiel hatte der TSB dem Spitzenreiter mit einer starken Defensive den Zahn gezogen. Damals gab es in der ersten Halbzeit nur zehn Gegentreffer. Diesmal rückte nach 30 Minuten Yannick Hölzl statt Sven Grathwohl ins Tor.
Das zahlte sich aus, speziell in der Schlussphase, als Hölzl mit zwei Superparaden, eine nach einem Kempatrick, dafür sorgte, dass der TuS nicht auf ein Tor Rückstand verkürzen könnte. Das hätte den Bruckernnochmal Auftrieb für die letzten 70 Sekunden gegeben. Der Horkheimer Sieg beim designierten Meister der 3. Liga Süd war eine Kollektivleistung. Aber es gab Spieler, die in entscheidenden Momenten herausstachen.
Hendrik Bohnenstengel zum Beispiel. Der kleine Linksaußen, Jahrgang 1997, steht eigentlich nie in der ersten Reihe, wenn es beim TSB darum geht, Matchwinner zu würdigen. Doch mit seiner Nervenstärke bei Siebenmetern leistete er einen ganz wichtigen Beitrag, gerade am Schluss, als die Partie nochmal hätte kippen können. In der 57. Minute sorgte Bohnenstengel fürs 31:29, mit dem 32. Horkheimer Tor machte er dann auch den Coup perfekt.
Jubel über siebenfachen Torschützen
Das Eigengewächs ist nur die Nummer drei in der Reihenfolge der Siebenmeterschützen. Aber zuerst hatte Janik Zerweck den Ball beim Strafwurf nicht im Tor untergebracht, dann scheiterte Michael Seiz. Bohnenstengel hingegen traf bei vier Versuchen vier Mal. Chapeau. Ein wegweisender Beitrag zum TSB-Jubelabend war auch der Mut des insgesamt siebenfachen Torschützen Janik Zerweck gleich nach der Halbzeitpause. Zweimal verlor der TuS Fürstenfeldbruck im Angriff den Ball, zweimal traf der Rückraumspieler aus ganz großer Distanz ins leere Tor des Tabellenführers. Damit hatten die Horkheimer aus dem 17:18 ein 19:18 gemacht.
Die Brucker schafften es nicht mehr, nochmal in Führung zu gehen. Trainer Wild beklagte hinterher, dass es nach der furiosen Anfangsphase im offensiven Tempospiel „gehakt“ habe. Der Kollege Schweikardtfreute sich derweil über sein Dasein als Ligadominatorbesiegermacher. „Wir hatten zwei wirklich gute Tage in dieser Saison“ gegen den TuS. Dass trotzdem nicht die Handballer des TSB Horkheim ganz vorne in der Tabelle stehen? „Es sind viele Mannschaften in meinen Augen auf einem Niveau, die Brucker sind einfach konstanter gewesen und deshalb auch völlig verdient auf dem ersten Platz.“
Stabiles Spiel
Diesmal aber nutzte der TuS die Möglichkeiten nicht, das Spiel an sich zu reißen. Als der TSB in der ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit mehrfach nach Zweiminutenstrafen in Unterzahl agieren musste, waren die Horkheimer stabil geblieben, lagen dann sogar mit drei Toren vorne. Michael Schweikardt hatte nach der bitteren Derbypleite beim HC Oppenweiler/Backnang mehr Cleverness gefordert. Eine Woche zuvor hatte der TSB eine späte Drei-Tore-Führung hergegeben. Nun aber nicht.
Schweikardt hat in seiner langen Spielerkarriere 427 Bundesligaspiele bestritten. Als Mittelmann war er ein cleverer Kerl. Dass er auch ein richtig guter Trainer ist, beweist der 37-Jährige gleich im ersten Job im Aktivenbereich. „Man erkennt die Handschrift von Michael Schweikardt deutlich“, sagte Martin Wild über den TSB. Es war eine feierfröhliche Heimfahrt für die Horkheimer. Nicht nur wegen des Sieges beim zuvor scheinbar unbesiegbaren TuS Fürstenfeldbruck. Es war auch Schweikardts 37. Geburtstag. Der 7. März ist sein persönlicher Feiertag. Diesmal erst recht.
Corona-Verschiebung
Weil es im Umfeld des TV Willstätt einen Verdachtsfall auf das neue Coronavirus gibt, wurde das Drittligaspiel der Südstaffel beim Tabellendritten TuS Dansenberg nicht ausgetragen. Die Gäste aus Baden einigten sich mit den Pfälzern kurzfristig auf eine Spielverlegung.
Foto: Andreas Veigel
Autor: Andreas Öhlschläger
Quelle: https://www.stimme.de/sport/tsb-horkheim/artikel/Schweikardts-perfekter-Geburtstag-TSB-Coup-beim-Ersten;art140003,4332155